Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Herbstwanderung zum Schornsteinberg von Rübeland
16.10.2024
Um diesen Ort bin ich oft herum geschlichen, wie die Katze um den heißen Brei. Immer wieder mal nahm ich Anlauf,
aber jedes Mal fehlte mir der letzte Kick oder ein wenig Glück. Als nach Tagen von Grau und Regen heute endlich
wieder die Sonne übermütig Licht über der Landschaft verteilte, wollte ich es wissen. Für eine ausgedehnte Wanderung
fehlte mir die Courage, aber zwei Stunden Sonne tanken, darauf hatte ich Lust. Die Mittagsstunde ist vorbei, als ich vom
Hof fahre.
Eine halbe Stunde später rolle ich durch Rübeland. Das kleine Örtchen kann sich mit der Baumanns- sowie der
Hermannshöhle brüsten und außerdem auf zwei herrliche Aussichtsplätze, den Hohen Kleef sowie den Schornsteinberg,
verweisen. Der Hohe Kleef ist gut zu erreichen, deshalb war ich schon mehrmals dort. Will man aber Rübeland vom
Schornsteinberg aus bestaunen, muss man sich mühen, sehr mühen! Gegenüber dem Schmiedeberg ist ein kleiner
Parkplatz. Für zwei Stunden darf mein Harzgefährt hier auf mich warten.
Die schmale Bergstraße gegenüber führt ohne Vorwarnung direkt in den steilen Hang hinein. Nach fünfzig Metern
protestiert meine Pumpe. Drei Wochen Auszeit vom Wandern machen sich bemerkbar. Es hilft nichts, hier muss und will
ich hinauf. Zwei- oder dreihundert Meter windet sich der Weg den Hang aufwärts. Für die Schönheit der Herbstnatur
habe ich nur Zeit, wenn ich stehend verschnaufe, um mich gleich danach weiter zu treiben. Als sich die Bäume lichten,
stehe ich vor einer riesigen Bergwiese mit Schafen und Ziegen. Doch noch bin ich nicht ganz oben. Die Tiere
beobachten mich, wie ich am Zaun entlang schleiche, bis ich endlich freie Weidefläche vor mir habe. Diesen Hang sah
ich vor Jahren schon einmal, damals allerdings vom Hohen Keef gegenüber. Jetzt stehe ich verschwitzt hier und sehe
den kleinen weißen Pavillon am Hang gegenüber.
Was vom Weg übrig ist, führt jetzt als doppelte Radspur über die Weide bis zum Waldrand gegenüber. Dieses Gehen
erinnert mich an meine Kindheit auf dem Dorf. Die Schafe auf dem Hügel und vor mir nur viel Wiese, Bäume und Wald.
Über mir flattern Wildenten (oder Kraniche?) gen Süden. Ich spüre gerade keine Zeit, höre keine „wichtigen“
Nachrichten und niemand erreicht mich übers Smartphone – ich hab’ keins! Allein in freier Natur und völlig frei –
„Nothing Else Matters“!
Am Waldrand ein kaum lesbarer Hinweis: Schornsteinberg 300 Meter. Noch einmal über einen Teppich aus buntem Laub
gehen und schon stehe ich am Ausblick Schornsteinberg; Harzer Wandernadel 89 – endlich! Zwei grob gezimmerte
Holzbänke, davor freie Sicht wie durch ein Naturfenster und der Stempelkasten auf einem Pfahl. Erst einmal setzen und
diesen herrlichen Ausblick genießen. Knapp einhundert Meter unter mir liegt Rübeland wie aus dem Baukasten oder auf
der Eisenbahnplatte. Das erlebte ich vom Hohen Keef zwar auch, hier aber in anderer Perspektive. Zu meinen Füßen,
weit unten, die Eisenbahnschienen, die Straße und das Erlebnisbad. Direkt zu meinen Füßen sind noch die Reste der
Rinne zu sehen, die dem Schornstein einer einstigen Verkohlungsanlage Halt gab. Daher auch der Name
Schornsteinberg. Hinter mir steht ein aus Holz geschnitzter Bergmann, in dessen Inneren ein Bienenvolk wohnt.
Daneben eine historische Grubenlore, wie sie früher im Bergbau eingesetzt wurde. Diesmal „verliere“ ich hier gleich drei
bemalte Harzsteine für die nächsten Besucher. Ein wirklich schöner Ort, den man nur mit körperlicher Anstrengung
erreicht.
Der Weg hierher wird nun zu meinem Rückweg. Zu meiner Überraschung kommt mir auf der Wiese ein SUV entgegen.
Wenig später überholen mich eine nette Dame und ihr Hund. Am Parkplatz angekommen, schenke ich einem kleinen
Mädchen - Mutter und Vater stehen dabei - einen Harzstein. Ein strahlendes Augenpaar ist ein zauberhafter „Lohn“ für
einen bemalten Stein. Nach knapp zwei Stunden rolle ich wieder durch den Ort und beschließe, am „Blauen See“ noch
einen Halt einzulegen.
Bei einem Besuch im Frühjahr dieses Jahres war der See dermaßen voll, dass er überlief (
HIER
). Am Ufer hatte man
nasse Schuhe. Heute ist alles ins Gegenteil verkehrt. Der Wasserspiegel ist fast bis zum Grund abgesunken und hat die
bizarren Gesteinsformationen am Ufer freigegeben. Der See ist zum Tümpel mutiert an dessen Hängen das bunt
gefärbte Laub der Bäume ein faszinierendes Farbspiel zeigen, das sich im Wasser spiegelt. Jedes Mal, wenn ich hier bin,
erlebe ich diesen Ort anders. An einem der oberen schroffen Felsen hinterlasse ich einen weiteren Harzstein und auf
dem Rückweg zum Parkplatz verschenke ich noch einmal je einen. Zwei Lausbuben und deren Eltern belohnen mich mit
einem strahlenden Lachen. Sie zaubern auch mir Freude ins Herz. Glücklich fahre ich den Berg hinauf, durch Hüttenrode
und durch die Serpentinen nach Blankenburg. Eine schöne Gegen hat sich das Universum für mich ausgesucht! Ein
idealer Landstrich zum Rentnern.