Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Floßfahrt mit Forelle
20.07.2024
Es gibt schöne Tage und sehr schöne Tage. Heute ist ein besonders schöner Tag: sonnig, heiß und schwül. Zu wandern
wäre heute keine gute Idee. Doch im Harz gibt es viele schöne Wasserflächen, denn es gibt viele Talsperren. Eine von
ihnen ist die etwas unbekanntere Talsperre in Wendefurth, die kleine Schwester der Rappbodetalsperre. Am Ufer der
kleineren lockt ein Fischrestaurant mit „lecker Mittagessen“ (HePe) sowie der Möglichkeit, auf einem Floss zu speisen.
Nach diesem Geistesblitz fällt die Entscheidung leicht – Floßfahrt mit Forelle.
Eine halbe Stunde vor Ablegen steht der Harzflitzer auf dem engen Parkplatz. Im Sommer, erst recht am Wochenende,
sind Parkplätze im Harz heiß begehrt. Im Winter ist die Kombination Wochenende und Schulferien übrigens ebenso ein
Argument, lieber zu Hause zu bleiben. Wir aber sind wissend und daher überpünktlich. Dem Abenteuer Floßfahrt steht
nichts mehr im Wege.
Auf das Floß passen eine Ausflugsgesellschaft aus Berlin sowie eine Ladung spontaner Gäste. Danach ist kaum noch
eine Ecke frei. Als die schwimmende Gesellschaft ablegt, beginnt ein Alleinunterhalter Marke „Akkordeonbarde“ seinen
Zerrwanst zu ziehen und quetschen: „Eine Seefahrt die ist lustig“. Da bleibt nur, eine gute Miene aufzusetzen und den
Blick gen Wasser zu richten. Im Laufe der nächsten neunzig Minuten geschieht das mehrmals.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Oberdeck aufzusuchen und den freien Blick über den See zu den Uferhängen
zu genießen. Ringsum steigen die Berghänge übergangslos steil aus dem Wasser. Sie umschließen die spiegelnde Fläche
wie ein grüner undurchsichtiger Rand. Ein faszinierend schöner Anblick und mittendrin die Anlage vom
Pumpspeicherwerk mit den dicken Rohren zum oberen Becken. Wir tuckern dran vorbei zur großen Rappbodestaumauer.
Die wurde erst kürzlich gesäubert, sprich gut gekärchert, denn man benutzte ein Computerschablohne dafür. Nun
prangen die Umrisse von riesigen Schmetterlingen an der Wand. Eine faszinierende Idee mit einem, wie ich finde,
grandiosen Ergebnis. Ein reizvoller Nebeneffekt, wenn man mit dem Floss zu schippert und nebenbei eine leckere
Forelle verzehren kann. Man gönnt sich ja sonst nichts. Vor der eigenen Haustür kann man, auch ohne mit dem Flieger
nach Malle fliegend viel Kerosin zu versprühen, sich gut erholen. Ich genieße dieses ruhige Dahintuckern auf glitzernder
Wasserfläche und lasse die Seele baumeln.
Während das Floß vor der 106 Meter hohen Staumauer eine Wende vollzieht, beobachte ich, wie sich Wagemutige am
Jumping-Seil (wie „Jumpin’ Jack Flash“) in die Tiefe stürzen und an der Mega-Zipline fast lautlos über uns hinweg
gleiten. Beides nichts mehr für mich und irgendwie ist das alles inmitten der Harznatur zudem sehr unwirklich. Ich
kenne diesen schönen Ort noch ohne diesen „touristischen Blödwahn“, der Touristen, und damit Geld, hierher locken
soll. Der Reise- und Touristenmarkt macht es möglich, während überall im Lande kulturelle Betätigungsmöglichkeiten für
Jugendliche verrotten, schlicht fehlen und nicht gebaut werden. Profit besiegt Zukunft – aber ich schweife (wieder mal)
ab. Wer von den Verantwortlichen und Leistungsträgern (welch nichts sagende Formulierung) hat schon Interesse an
einer Zukunftsvision für Jugendliche?
Gemächlich gleitet das Floß noch in einen abgelegenen Seitenarm des Stausees. Hier speist die Bode, von Rübeland
kommend, mit ihrem Wasser das Staubecken. Dieser Bereich ist, einer idyllischen Oase gleich, zwischen Berghängen
versteckt und für Angler gut geeignet, Fisch an ihren Haken zu locken. Unser Floß bahnt sich den Rückweg durch Boote
und Wassertreter, die überall zu sehen sind. Sogar einen kleinen Hund kann ich in einem Ruderboot entdecken. Wir
nähern uns gemächlich dem Anleger, gehen entspannt von Bord und steigen sofort in eines der Tretboote um. Ein
kleines Stündchen und nur zur Entspannung, hängen wir noch dran. Danach hat mich der Sonnenball träge und die
Pedalen müde gemacht. Drei Stunden unter gleißender Sonne, auf einer kühlenden Wasserfläche mit einer leckeren
Forelle im Magen, das lässt sich der Rock-Rentner gefallen. Es reicht auch für heute und den Rest des Tages. Zick!