Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Himmelfahrt zum Landschaftspark                                                                               30.05.2019 Am Tag, als „Gottes Sohn zu seinem Vater in den Himmel zurückkehrte“ ist schönes Wetter. Ein guter Grund, „an Christi Himmelfahrt“ etwas zu unternehmen. Als Ziel ist Burg Falkenstein auf einem Felsen im östlichen Harzvorland auserkoren: Ballenstedt, Opperode, Meisdorf und dann sollte der Parkplatz in Sichtweite sein. Der ist gerappelt voll. Wir werden freundlich weiter gebeten und landen ungewollt in einem Nest namens Pansfelde. Runter von der Hauptstraße, Lily etwas zum Saufen geben und danach ein Blick auf die Karte. Na prima! Die einzig vernünftige Option ist der Weg zurück. Am Parkplatz zur Burg Falkenstein herrscht noch immer Chaos. Spontan biege ich nach rechts ab. Wir landen wieder im Wald und dort auf dem nächsten Parkplatz: Landschaftspark Degenershausen (mit Stempelstelle).                                                 Alle Fotos auf dieser Seite kann man durch Anklicken vergrößern. Die Luft ist zum Schneiden schwül, Lily nervt mit ihrem Gebell und in mir grummelt jemand. Schlechte Laune im Verzug. Das mit dem Ritterspektakel auf der Burg, einer deftigen Mahlzeit a la Mittelalter bei entsprechender musikalischer Untermalung habe ich mir jetzt abgeschminkt. Hier öffnet sich ein Tor in die Landschaft, wie in eine andere Welt, und die möchte von uns unbedingt entdeckt werden. Es gibt keine Alternative, außer die,  wieder nach Hause zu fahren. Daran verschwenden wir jetzt aber keinen Gedanken mehr. Also lassen wir Lily von der Leine und schreiten durch das Tor in diese nächste Welt. Die ist zunächst einmal satt grün unter einem blauen Himmelzelt mit weißen Wolken. Für den Feiertag wie gemacht, denke ich, während sich bei jedem Schritt mehr eine ganz besondere Landschaft öffnet. Ausgedehnte Wiesenflächen mit kniehohen Gräsern und blühenden Blumen am Wegesrand. Es fühlt sich an wie in Kinderzeiten, als die Dimensionen noch andere waren und ich, ohne Rückenschmerzen zu bekommen, an den Blümchen schnuppern konnte. Heute sehe ich am Ende der Wiesen Bäume, die wie ein Saum hinten um die Wiese herum stehen. Dass dieser Eindruck durchaus gewollt ist, bemerke ich erst mit dem zweiten und dritten Blick. Das Grummeln in mir ist einem Gefühl von Verlangsamung gewichen. Entspannt laufend genieße ich die wechselnden Eindrücke, während Lily glücklich zwischen uns hin und her rennt. Kaum eine andere Menschenseele steht ihr im Weg. An den natürlichen Wiesen, an Büschen und durch schattige Baumpassagen zu laufen, wirkt wie seine Seele baumeln zu lassen. Hinter jeder Biegung wird man von einer Bank erwartet, die zum Verweilen einlädt. Die kurvenreiche Hatz über die engen Harzstraßen habe ich am Tor abgelegt. Hier nun finde ich endlich Muse, flanierend das Blühen in den unterschiedlichen Perspektiven zu bestaunen. Mal sind es bunte Blüten an einem Strauch und dann wieder ein Flecken weißer Margareten zwischen Gräsern. Hinter der nächsten Kurve sehe ich durch die dunklen Schatten der Bäume hindurch auf eine dahinter liegende Waldlichtung im Licht der hellen Sonne. Wir sind beinahe allein hier unterwegs, langsam und Schritt für Schritt, denn so können wir die gepflegte Architektur dieser Oase erst genießen. In diesen Minuten habe ich völlig vergessen, dass die Christen heute „Christi Himmelfahrt“ feiern, während die Herren der Schöpfung an diesem Tage, und in aller Regel, einer völlig anderen Agenda folgen. Egal, das eine ist nicht mein Ding und das andere ist bei mir schon lange her. Ich kann gut ohne beides. Wir sind inzwischen in einem weiten Bogen um eine gewaltige Waldlichtung herum gelaufen und am hinteren Ende der Anlage angelangt. Von hier kann man die Weite der Parkanlage, mit majestätisch anmutenden Baumriesen und Gehölzgruppen, rückblickend bewundern. Inmitten dieser Landschaft hat der Gestalter einen schlanken Obelisk stellen lassen, der uns bereits am Eingang aufgefallen ist. So hat der Besucher einen Fixpunkt, um den herum er lustwandelnd seine Kreise ziehen kann. Auf diese Weise haben wir einen kleinen Teich erreicht, der wie ein magischer Ort die meisten Besucher anzulocken scheint und außerdem die Stempelstelle mit der Nummer 202 darstellt. Wieder drücken wir einen Stempelabdruck ins kleine Wanderheft und damit den Nachweis, auch an diesem schönen Flecken im Harz gewesen zu sein oder anders herum: Gäbe es diese Wandernadel nicht, hätten wir manchen Ort im Harz, also auch diesen, nicht gesucht und gefunden. An einigen Stellen steht dichtes Schilf am Ufer mit gelben Lilien dazwischen. Im Wasser beobachte ich Fische und höre Frösche quaken. Es ist immer noch schwülwarm und Lily nutzt die Gelegenheit, vom Wasser einen kräftigen Schluck zu nehmen. Während sie mit ihren kurzen Beinchen leichfüßig zurück auf den Weg springt, habe ich große Mühe, nicht vollständig ins Schilf abzugleiten. Glück gehabt und noch mal Haltung bewahrt. An seltenen Baumarten vorbei - der griechischen Tanne, Gurkenmagnolie sowie Tulpenbaum - gelangen wir wieder in den vorderen Bereich. Unter einem dieser Baumriesen  stehend, bestaune ich hoch oben exotisch anmutende Blüten. Das Exemplar im Geäst erinnert mich an eine Lotosblüte. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich wende mich ab und kann nun aus anderer Perspektive noch einmal zum Obelisk schauen. Auch wenn mir die botanische Vielfalt manchmal nur durch ihre Farben- und Formenpracht auffällt, so ist es doch ein besonderes Erlebnis, scheinbar ganz nebenbei auf die natürliche Schönheit dieser seltenen Bäume und Gehölze „gestoßen“ zu werden und staunend davor oder auch darunter zu stehen. Egal, ob es dieser knorrige Baum (der Hexe) oder die eigenartigen Blütenständer des anderen Baumes sind. Ich entdecke sie einfach so im Vorübergehen. Man muss es nur bewusst angehen und sehen wollen. Entschleunigung heißt das Zauberwort, zu dem die Engländer „slow down“ sagen - runter kommen. Vielleicht, so denke für mich, suchen wir diesen Ort noch einmal und zu einer anderen Jahreszeit auf. Der Herbst im Harz wartet ebenfalls mit besonderen Reizen, wie ich inzwischen weiß, und außerdem steht der Besuch der Burg Falkenstein, mit der Stempelstelle 200, noch auf meinem Wunschzettel. Auf dem Rückweg begegnen wir immer wieder Menschengruppe, mit und ohne Fahrräder, die unterwegs sind. Hinter Ballenstedt machen wir eine Rast. Hier teile ich mir mit Lily zwei leckere Bratwürste (ohne Brötchen), während auf der Straße hinter uns fröhliche Radfahrer und eine Pferdegespann mit lustigen Menschen den „Männertag“ und das fröhliche Miteinander hochleben lassen. Unsere Ausfahrt könnte möglicherweise, falls diese Zeilen dereinst ein Historiker lesen sollte, einmal als „Lily’s Himmelfahrt“ in die Geschichte der Region eingehen. Nichts ist unmöglich.