Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Scharfensteinklippe mit Brockenblick                                                                               27.04.2024 Kalte und nasse zwei Wochen sind vorüber. Am Morgen scheint endlich die Sonne und ich habe Lust, mir einen Wanderwunsch zu erfüllen: die Scharfensteinklippe möchte ich besteigen. Die befindet sich rund 400 Meter unterhalb des Brockengipfels. Die Knochen brauchen Bewegung und meine Seele die Abgeschiedenheit der Harzer Berge. Ich will weit weg von all den Lügen und Kungeleien der kleinen und großen Politik. Selbst der Partei- und Staatsapparat der DDR würde dagegen alt aussehen! Kaum bin ich am Wanderparkplatz und die ersten Schritte gelaufen, da spricht mich eine Stimme an: „Willst du heute auch wieder wandern?“. Verdutzt schaue ich in ein Gesicht mit Bart. Er ist einer der Forstarbeiter, die ich vor vier Wochen oberhalb des Sandtals traf ( HIER ). Na das ist ja ’ne Überraschung. Wir haben alle vier – er, seine Freundin, ein Hund plus ich – das gleiche Ziel. Ich freue mich. Es läuft sich gut. Rechts der Ilse der Rentner, am anderen Ufer zwei Personen mit Hund. An einer Brücke bleibt ein Harzstein liegen und ich muss jetzt auch auf die Waldstrasse wechseln. Rechts der Ilse wurde gesperrt und kein Durchgang möglich. Nach einer Stunde, also gegen 11.00 Uhr, habe ich den Abzweig zu den Ilsefällen passiert. Die Strasse führt jetzt zum Kruzifix. An der einzigen Bank werde ich schon erwartet. Wir machen zu viert Pause und quasseln. Dann trennen sich unsere Wege, denn das Trio ist schneller unterwegs. Der Forstweg schlängelt sich oberhalb des Tiefenbachs, der rauschend durch das Tal weit unten fließt, stetig aufwärts. Das spüren die Beine. Ab und zu brauche ich eine kurze Pause und werde von einer kleinen Wandergruppe eingeholt. Die schnaufen auch. Ich genieße jedes Mal die herrliche Aussicht ins Tal und nach oben. Hinter der nächsten Biegung ein neuer Ausblick und dann auf einmal leuchtet der Brocken mit einer Kappe aus Puderzucker. Dabei kann man schon mal ins Schwärmen kommen, zumal die Sonne vom azurblauen Himmel brennt. Dann bin ich endlich oben, da, wo der Brocken seine Füße auf die Berge stellt und jeden der Wanderer entdeckt, die zu ihm aufsteigen möchten. Die knapp zwei Kilometer bis zur Scharfensteinklippe gehe ich nun gemütlich. Dort locken nach sieben Kilometern und zweieinhalb Stunden die Mittagspause und der Aufstieg zur Klippe. Die Rangerstation an der Klippe entpuppt sich als gemütlicher Rastplatz mit Selbstbedienung und dem Stempelkasten. Die Nummer zwei drücke ich ins Wanderheft, lasse einen Harzstein dort und hole mir ein kühles Radler plus Bockwurst. Diese Minuten in wilder Natur unter freundlichen Menschen kann ich gut genießen. Man plaudert miteinander, man tauscht Erlebnisse oder man schweigt beim Kaffee. Ich schnappe meinen Rucksack, nehme den Wanderstab und starte gestärkt zum Gipfelsturm. Ein schmaler Trampelpfad schlängelt sich zwischen Gestein, geschlagenem Holz und dicht stehenden Nadelbäumen zu einem Steinfeld. Bis zu einer Holztreppe ist der Pfad wild, holprig und führt inmitten der Steine zu einer Holztreppe! Dann stehe ich davor, dem „Stairway To Heaven“. Irgendwo da oben muss endlich der Gipfel sein, glaube ich. Doch da angekommen, geht das wilde Steigen zwischen den Granitblocken weiter. Erst dann darf ich, völlig außer Puste, ganz oben stehen, wo mir ein Lüftchen um die Ohren weht. Wenn der Weg das Ziel ist, dann ist dieser luftige Ort eine besondere Erfahrung und nur dem erlebbar, der selbst hinauf steigt! Was für ein gigantischer Blick auf den Hochharz, die Berge, die Ebene und Wege. Die Eckertalsperre liegt mir quasi zu Füßen. Hier bin ich frei, weil überwältigt, denn vor meiner Nase ragt der Blocksberg, Brocken genannt, in die Höhe. Bald werden dort oben die Hexen tanzen und ich darf schon mal vorab einen Blick auf den Ort des Geschehens werfen. Ein Glückgefühl nach dem anderen jagt durch meine Adern – überwältigend, grandios, faszinierend, einzigartig, Natur! Hier stehe ich, kann nicht anders, als zu staunen und mich zu freuen. Ich gönne mir einige Fotos, erwische dabei einen Hubschrauber im Brockenflug und steige schließlich (vorsichtig!) ab. Nach einer knappen Stunde sitze ich dann wieder auf einer Holzband der Rangerstation zum Verschnaufen. Zu bester Kaffeezeit trete ich den Rückweg an. Über die Hochebene schlängelt sich eine Forststrasse vorbei an totem Holz, aber auch frischem Grün, das überall sprießt und wächst. Die pralle Sonne über mir, rechts der Brocken und die Berge davor. Nur drei Kilometer bis zur Wanderhütte Stempelsbuche. Niemand, der mir begegnet und nur das Plätschern der vielen Rinnsale, die sich weiter unten vereinen werden, begleitet mich in dieser herrlichen Stille. Vom Brocken weht ein letzter Schneehauch Winter herüber. Mich fröstelt, obwohl mir warm ist. Gegen 15.00 Uhr tauchen die Hütte und einige Wanderer vor mir auf. Ich begebe mich für einen kleinen Plausch zu ihnen. Wieder ist es diese ungezwungene, freundliche Atmosphäre, der man in der Anonymität der Wohngegenden, erst recht nicht der vieler Großstädte, nicht mehr begegnet. Hier oben unter den Bergen fühle ich mich wenigstens als Mensch, habe das Leben, um zu leben. Keiner ist hier, um andere aus seiner Sicht zynisch zu bewerten. Von Wachstum der Wirtschaft ist hier keine Spur zu finden, nur das Gefühl, diesen Planeten, wenn irgend möglich, als Ganzes für alle zu erhalten!    An der Stempelsbuche gönne ich mir nur einen kurzen Zwischenstopp. Als die Wandergruppe weiter zieht, mache auch ich mich wieder auf die Socken. Einen meiner neuen Harzsteine lasse ich zurück. Nach einer langen Geraden, biegt ein Pfad nach unten in den Wald ab. Auf dem war ich unterwegs, als ich zum ersten Mal die Stempelsbuche besuchte ( HIER ). Der führt über Stock und Stein ziemlich steil zur Bremer Hütte. Diesmal bleibe ich auf der Piste und wähle einen Umweg, der nichts ganz so steil ist, um mein Hüftgelenk etwas zu schönen. Zwar ist der auch holprig, aber ich kann halbwegs gut laufen. Bald habe ich eine Holzbrücke über die wilde Ilse erreicht. Hinter mir liegt ein steiler Abstieg in Form eines großen Bogens. Nun führt der Weg von oben kommend direkt zur Bremer Hütte. Links von mir der steile Berghang, durch den der andere Abstieg verläuft, hinter mir die steil aufragend Spitze der großen Zeterklippe. Es ist wirklich verdammt wild und schön hier! Es ist kurz vor vier, als ich die Bremer Hütte erreiche. Noch einmal gönne ich mir eine kleine Pause, dann starte ich den „Endspurt“ entlang der Ilse abwärts. Links die steilen Hänge, rechts das Rauschen des reißenden Baches, der immer mehr zum Flüsschen anschwillt. Das Wasser stürzt über die Steine sowie gewaltige Brocken und bildet einen lang gezogenen Wasserfall. Einige sitzen auf so einem Stein und lassen sich vom Wasserspiel verzaubern. Eine Gruppe Jugendlicher (aus Bremen) bittet mich, ein Foto zu machen, dann drängt es mich weiter abwärts über die Ilsebrücke an den unteren Fällen, der Talsohle entgegen. Ganz allmählich spüre ich meine Fußsohlen und da hindurch die vielen kleinen und großen Steine auf dem Schotterweg. Erst jetzt, und sogar ziemlich schnell, werden meine Beine müde. Die Schritte sind nicht mehr flüssig, das Gehen fällt mir schwer. Ich bin wieder auf die andere Ilseseite gewechselt, um auf dem weichen Boden des Waldes gehen zu können. Meine beiden letzten Harzsteine verschenke ich an zwei Kinder, die auch keine Lust mehr zum Laufen haben. Da ist deren Müdigkeit vergessen und die Freude groß. Auch ich freue mich darüber, aber vor allem auf den Parkplatz, den ich acht Stunden später endlich wieder vor mir sehe. Ich bin platt, aber verdammt glücklich. Am Ende werden siebzehn Kilometer auf meinem Tacho abzulesen sein. Da lauert schon die nächste Wanderidee im Hinterkopf.