Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Komm mit mir ins Abenteuerland *                                                                                      29.07.2021 Über sieben Hügel und durch sieben tiefe Mulden muss man wandern. Man muss sieben kleine Dörfer durchqueren, ehe man das Abenteuerland, versteckt in einem dunklen Wald, finden kann. Ein weiser Mann hatte davon erzählt und so bin ich, mit meinem Gefolge aus Weib, Tochter und Enkelkindern im Schlepptau, einfach losgezogen, um das Land der Abenteurer und fantastischen Spiele zu finden. Die wilde Fahrt führte an grünen und auch staubigen Feldern vorbei, auf verschlungenen Landstraßen bin ich gefahren, bis endlich, hinter dem Ortsschild von Schadeleben, das große Portal zum Abenteuerland zu sehen ist. Über dem Eingang hängt ein großes Schild und dahinter beginnt ein Holweg in den Wald hinein, der sich alsbald lichtet. Der Abenteuerspielplatz im Abenteuerland ist erreicht. In das Portal aus Holz haben der „Fischer un syne Fru“ zwei übergroße Fische aus dem nahen See gehangen. Da gehe ich langsam hindurch und dahinter finde ich mich in einer fantasievollen, zauberhaften Abenteuerwelt wieder. Hinter dem Tor empfängt mich eine riesengroße, vom Sonnenlicht überflutete grüne Wiese, auf der in Abstände große Bäume wachsen, die Schatten spenden. Dazwischen entdecken die Augen wundersam gestaltete Spieloasen mit Bänken oder Sitzgruppen, die zum Verweilen oder Spiel einladen. Es ist ein Überfluss von allem, so dass ich im ersten Augenblick gar nicht weiß, wohin ich meine Schritte lenken sollte. Wir sind hier auch nicht die einzigen Besucher, denn viele kamen hierher, um in der Natur, mit Kind und Kegel, zu verweilen und eine entspannte Zeit miteinander zu verbringen. Zunächst folgen wir dem Weg an einem Balken zum Balancieren vorbei bis zu einem Klettergestell mit einer Rutsche. Eine Sitzgruppe lockt und so nehmen wir diese Einladung dankbar an. Einige Meter weiter sitzt eine Familie auf einer Decke und eine andere hinter einer kleinen Hecke im Schatten. Kinderlachen schallt über das Areal und von der Rutsche das Kreischen eines kleinen Jungen. Mir ist, als wäre ich im Märchenland, dem Land von Feen, Hexen, Zwergen und verwunschenen Tieren, angekommen. Am liebsten würde ich mich in ein richtiges Abenteuer stürzen. Meine Augen suchen und finden etwas, das mich an stürmische Tage auf einem Segelboot erinnert. Die Reling eines Piratenschiffes lugt hinter einem Hügel hervor und direkt am Steuerrad der Holzkonstruktion meine ich Captain Jack Sparrow zu erkennen. Je näher ich aber komme, desto mehr verschwimmt die Gestalt im Sonnenlicht. Noch einige Schritte weiter und ich stehe allein am Steuerrad des hölzernen Piratenschiffes im Abenteuerland. Mit dem Steuer in der Hand ist die Illusion perfekt. Als ich das Schiff wieder verlasse, entert ein kleines Mädchen diesen Kahn, übernimmt das Steuer und entschwindet auf dem grünen Wiesen- Ozean hinter einer dichten Hecke, die sich als ein verlockendes Labyrinth erweist. Vor dem Eingang zaudere ich einen Moment: Soll ich oder soll ich nicht? Doch meine Angst ist schnell überwunden und nach wenigen Schritten wandle ich in den engen Gassen des Heckenlabyrinths. Die sind sehr schmal, Zweige reichen mir ins Gesicht und ich weiß nicht recht, wohin ich gehen soll. Hinter einer Biegung folgt die nächste, dann noch eine und dann stecke ich fest. Sackgasse. Ich muss wohl oder übel zurück, folge einem anderen Abzweig, einem langen Gang, der sich windet. Man könnte sich tatsächlich verlaufen, denke ich, doch dann stehe ich, wie von Zauberhand geleitet, im Zentrum dieses Labyrinths. Hier wächst ein mächtiger Baum und viele Gänge zweigen in alle Richtungen ab. Na toll – und welchen nehme ich jetzt? Ich wähle den erstbesten und schlängle mich wieder durch enge Stellen und Kurven, muss mich durch eine Spalte in der Hecke zwängen und stehe plötzlich wieder im Freien. Die reale Welt hat mich wieder, ich bin dem Labyrinth entwischt. Niemand hatte mein Verschwinden bemerkt und keiner, dass ich wieder da bin. Am Schaukelkrokodil, in der Spinne, im Holzhaufen und auf dem Klettergerüst spielen Kinder, während Eltern dieses Treiben mit leuchtenden Augen verfolgen. Meine Schritte leiten mich an kleinen Inseln des Glücks vorüber in eine zauberhaft andere Märchenwelt hinein. Auf einem Hang hinter einem mächtigen Baum tummeln sich sagenhafte Wesen. Als ich näher trete, stehe ich plötzlich inmitten der sieben Zwerge, die sich um ihren großen Holztisch versammelt haben. Natürlich ist auch Schneewittchen bei ihnen, die den Apfel in den Händen hält. Die sieben Zwerge um sie herum, allesamt aus Holz geschnitzt, gehen wichtigen Beschäftigungen nach. Der eine badet im Holzbottich, der andere bringt eine Blume von der Wiese mit und ein weiterer Speisen auf einem Tablett. Einer sitzt schon am Tisch und wartet auf die anderen. Zu ihm setze ich mich hinzu, beginne ein Gespräch und erfahre so eine Menge über das Leben als Zwerg im Abenteuerland. Dann verabschiede ich mich von den sieben Zwergen und umarme Schneewittchen  mit dem Apfel. Das wollte ich als Kind schon machen. Als Rock-Rentner ist dieser Wunsch nun endlich in Erfüllung gegangen. Was für ein schöner Moment! An einem wuchtigen Holztisch mit einer Bank finde ich meine Familie wieder. Von den Abenteuern im Abenteuerland bin ich nun etwas erschöpft und möchte mich ausruhen. Auf der Bank sitzend, kann ich dem Spiel meiner Enkel zusehen, sie beim Klettern oder Schaukeln beobachten und mich freuen, dass beide eine unbeschwerte Kindheit, ohne Krieg, Hunger und Leiden, erleben dürfen. Das Abenteuerland ist eine friedliche, besinnliche Oase inmitten aller Hektik. Für zwei, drei Stunden bleiben Informationen vom Drängen und Schieben einfach mal außen vor. Abenteuerland ist auch Glücksland, ein Land ohne viele sinnfreie Bespaßungen, ohne Vortänzer und Motivationscoach, ein Land der freien Entfaltung und des Ausprobierens im Spiel. Ich ertappe mich bei dem Wunsch, selbst einmal in so ein Klettergerüst zu steigen, mich zum Schaukeln in einen Reifen zu setzen oder an einem Seil hängend über die Wiese zu schweben. Stattdessen hole ich mir eine Bratwurst am Kiosk und genieße diese Köstlichkeit sowie die Möglichkeit des beschaulichen Alterns in dieser herrlichen Gegend nahe dem Harz. Nach reichlich drei Stunden endet der Besuch im Abenteuerland. Ein letztes Mal begebe ich mich auf einen kleinen Rundgang vorbei an einem Klettergerüst aus Seilen, an einer Eisenbahn aus Holz für die Kleinsten und einem Riesenpendel für die ganz Mutigen. Den Erfindern und Betreibern dieses Kleinods mitten in der Natur möchte man danken, weil sie all die Bespaßungsmaschinen außen vor ließen und dafür dem eigenen Spieltrieb dem Vorrang einräumten. Keine laute Musik und keine Verführungen, die einem das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Dies ist ein Idyll für die Familie, ein Ort der Fantasie in einer Lebenswelt, die oftmals ausgrenzt. Am Ausgang bedanke ich mich bei der alten Hexe und beim Jäger, die beide mit ihrem tierischen Gefolge das Anwesen bewachen. Für drei kurze Stunden blieb die Welt für mich stehen, mit einem Lächeln und fühlbar fröhlicher werde ich nun wieder dem ganz realen Wahnsinn die Stirn bieten können. *) Pur – „Abenteuerland“, 1995