Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Spätherbstliche Berg- und Tal-Tour
26.11.2024
Möchte man den Harz kennenlernen, Natur im Nationalpark entdecken sowie dem Harz einige Geheimnisse entlocken,
dann sollte man zu Fuß durch die Täler wandern und die Höhen bezwingen. Das ist nicht immer leicht, verlangt
manchmal auch Überwindung, aber es lohnt sich. Ich habe die Leidenschaft des Wanderns, also die Natur in Zeitlupe zu
erleben, erst als Rentner entdeckt. Wie eine schleichende Droge hat sich diese Lust, eigene Grenzen auszuloten, in
meinen Alltag geschlichen. Welch ein Glücksfall, statt vorm Fernseher zu verwelken oder Briefmarken zu sortieren.
Das Saneltal ist ein sperriges Stück Natur und nicht so bekannt wie das benachbarte Ilsetal. Schon zwei Mal war ich
dort unterwegs (
HIER
und
HIER
) und beide Male brachte mich dieser wilde Flecken an meine Grenzen. Diesmal steige
ich wieder in den steilen Berghang, lasse den Saneltalbach unter mir zurück. In einer halben Stunde steige ich
hundertfünfzig Meter steil aufwärts. Meine Knie sind weich, die Klamotten kleben und die Luge schnappt nach Luft, als
ich oben ankomme. Der Weg schlängelt sich hier oben dicht an den Hang gedrängt allmählich weiter aufwärts. Rechts
blicke ich ins Tal oder auf den Berg gegenüber. Beide kenne ich durchs Wandern auf Wegen, die ich lieber gemieden
hätte.
Nach einer Spielfilmlänge und zur Mittagsstunde ist die Stempelstelle Mönchsbuche erreicht. Auch hier war ich schon,
beim ersten Mal sogar noch mit Lily. Vor einer Pause gönne ich mir noch Blicke zum Brockenplateau, das sich im
Wolkendunst versteckt. Auf dem Stein und an der Hütte lasse ich je einen Harzstein zurück, ehe ich weiter zum
Oberförster-Koch-Denkmal gehe. Die Sonne scheint und einige Bäume leuchten in goldenen Herbstfarben. Seit zwei
Stunden bin ich jetzt unterwegs und nur ein einziger Wanderer - oder muss ich jetzt Wanderin schreiben – kam mir
entgegen. Die Wege sind wie leer gefegt, ich allein bin der „Fool On The Hill“, den die Beatles besangen.
Am Gedenkstein vom alten Oberförster ist gefühlt Halbzeit sowie der höchste Punkt der Wanderung erreicht, halbe
Brockenhöhe. Von jetzt an führen alle Wege wieder abwärts zum Ausgangspunkt. Wäre jetzt Sommer und schön warm,
ich würde mir hier irgendwo ein Nickerchen gönnen oder zur Plessenburg weiter wandern. Statt dessen heißt der Kurs
jetzt Pisseckenplatz. Keine Ahnung, warum der so heißt, aber ausprobiert habe ich es schon einmal – es klappt! Der
Platz ist eine Wegkreuzung und hat mich schon zwei Mal falsch gehen lassen. Passiert mir heute nicht, ich biege anders
ab. Dieser Weg führt durch das Tanntal zurück. Im heißen Sommer ging ich diesen Weg aufwärts – was für eine
Schinderei!
Rechts plätschert ein Bächlein entlang der Waldstraße abwärts. Ich muss bremsen und das geht in die Hüfte und von da
in den Rücken. Also gehe ich langsam und versuche locker zu bleiben. Von den Hängen grüßen wieder Felsklippen,
hinter mir ziehen drohend dunkle Wolken auf. Es sieht nach Regen aus. Steil ging es auf der einen Seite nach oben, steil
geht es nun über drei Kilometer abwärts. Als die ersten Häuser in Sichtweite sind, spüre ich auch meinen Rücken und
die ersten Regentropfen. Viel Bewegung hieß heute mein Ziel. Erst aufwärts über dem Saneltal, später abwärts
gegenüber durch das Tanntal. Rast an der Mönchsbuche, dann Besuch beim Oberförster Koch und am Pisseckenplatz
ins Tanntal abgebogen. Das richtige Pensum an einem schönen Herbsttag. Scheiße – mir geht‘s gut, ich bin glücklich!