Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Inselurlaub auf Poel 2022 4. Steilküste & Schmugglerbude Heute ist Sonntag; 7.00 Uhr morgens bin ich wach. Mit einem Kaffee in der Hand bewundere ich vom Balkon weiße Schäfchenwolken, die am blauen Himmel vorüber ziehen. Zwei freche Krähen wollen die Katze auf dem Parkplatz ärgern, doch die hat eher spielen im Sinn. Das wird wohl nichts. Der Morgen bewegt sich in Zeitlupe, ich mich auch, ist ja der Tag des Herrn. Der flüstert mir drei Stunden später, dass es Zeit wäre, sich zu bewegen. Also gehen wir gemütlich Richtung Strand, zur Steilküste. Die See steht immer noch hoch, lässt aber genug Platz zum Promenieren. Oben auf der Steilküste wandere ich erst in die eine Richtung sowie später unten am Strand entlang wieder zurück. Stets suchend nach  besonderen Momenten oder Perspektiven, die es lohnt, entdeckt oder festgehalten zu werden. So wie die Gruppe „Vogelspezialisten“, die wahrscheinlich die Vogelinsel Langenwerder  besuchen möchten, nicht wissend, dass man durch das flache Kuhlenloch am besten bei Niedrigwasser gelangt. Das gibt es aber heute nicht, doch die Gruppe hatte gebucht. Also müssen sie da rüber. Sich an den Händen haltend und nach sicheren Halt suchend sowie mit hoch gekrempelten Hosenbeinen versuchten sie, möglichst trocken zur Vogelinsel zu gelangen. Keine Chance! Ich knipse und lächle aus der Ferne. Alle paar Schritte entdecke ich etwas, wofür ich vor zehn Jahren oder mehr noch keinen Nerv gehabt hätte. Ein Blick durch eine Lücke auf die See, eine Gruppe von Steinen, von der wilden See dekoriert, ein abgestürzter Baum oder die Schwäne, die nur knapp über den Wellen schweben. Ich kann mich in dieser Vormittagsstunde gar nicht satt sehen. Unsere Natur ist ein Wunder, ein wahres Geschenk und die Spezies Mensch gehört nur rein zufällig dazu, ist ein kleiner Teil all dessen. Allerdings glauben wir wirklich, den ganzen „Rest“ beherrschen und nach Belieben benutzen zu dürfen. Manche nennen gar ein Stück davon Eigentum und dann kommt plötzlich so etwas wie Hochwasser aus den Bergen, eine Sturmflut von der See, ein Vulkan (La Palma 2021) oder ein Erdbeben daher. Dieser Planet lässt uns Menschen leben, betrügen lässt er sich nicht. Wir betrügen uns selbst, sehenden Auges, gründlich und wahrscheinlich bis zum bitteren Ende. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir auf Wachstum wirklich verzichten und stattdessen mit Nachhaltigkeit agieren wollen. Die Gier ist wohl zu groß.     An der „Schmugglerbude“ und quasi direkt am Strand speisen wir zu Mittag: Pommes, Bockwurst und Fischbrötchen. Eine Katze regelt sich genüsslich im Strandkorb. Im einzigen Restaurant dieses Dorfes hätte ich diesen Typ mir gegenüber nicht getroffen. Zerschlissene Jeans, viel zu weite Jeansjacke über dem zu dicken Bauch, dünnes Haar sowie ein Bart, der den Mund vollständig verdeckt. Der hält mich für einen alten Rocker, fragt mich und lächelt mich an. Ja natürlich bestätige ich seine Annahme und deshalb darf ich ihn auch ablichten. Für einen Moment ist es, als würden wir uns schon ewig kennen. Dann reicht der mir seine Visitenkarte rüber, geht zufrieden seiner Wege und macht einen verdammt glücklichen Eindruck. Beneidenswert. Nachmittags findet im Hafen von Kirchdorf immer noch der „Kunsthandwerkermarkt“ statt. Das einzig interessante darin ist eine freundliche Dame an ihrem Spinnrad. Als ich sie frage, erklärt und zeigt sie mir die Details, Ich darf sogar anfassen und fühlen, wie sich drehend ein Faden Wolle bildet und auf der Spindel aufgewickelt wird. Ehe ich mich daran stechen kann, verabschiede ich mich lieber. Wer will schon einen alten bärtigen Rock-Rentner mit langem Haar wach küssen? Von einem der Fischer kaufe ich einen Happen, frisch geräucherter Aal. Den verspeise ich genüsslich. Mir geht’s gut. Der Nachmittag ist noch lang und die See lockt. Die Zeit reicht, für einen Sprung in die Wellen und die sind heute irgendwie besonders frisch, denn der Wind pustet noch immer. Mein innerer Schweinehund lästert: „Überwinde dich, bezwing' mich doch!“. In einem Anfall von Mut gehe ich einfach los, steige in die Wellen und Sekunden später klatscht das frische Nass auch schon an meine Brust. Mir bleibt nur noch, mich fallen zu lassen. Verdammt, irgendwie ist es heute anders. Mich hat die See überrumpelt und jetzt grinst sie mich an. Ich schaffe es noch bis zur Sandbank, tauche noch einmal in die nächste Welle und dann will ich nur noch raus, raus an den Strand. Als ich die wärmenden Klamotten wieder am Leib habe, ist das angenehme Kribbeln auf der Haut auch wieder da. Es sind nicht alle Tage gleich und gestern ist nicht heute. Minuten späten darf ich mit einem kleinen Hund spielen. Der Schreck ist da längst vergessen. Im Wasser war ich dennoch, wenn auch ziemlich kurz. Ein Unwetter zieht über uns auf. Oben vom Hügel hat man einen besseren Überblick. Hier steht kein Häuserblock, kein Gewerbegebiet versperrt die Sicht und kein Nichts ist im Wege. Man hat fast die ganze Insel, von Wismar bis zur offenen See, im Auge. Von daher droht eine dicke dunkle Wolken bis zum Horizont. Was für ein faszinierender Anblick! Man kann die Wucht, die dahinter steckt, förmlich ahnen. Angesichts dieses geballten Naturphänomens fühle ich mich wie ein winzig kleiner Wicht und doch auch glücklich, das jetzt erleben zu können. Ein wenig verstehe ich jetzt den „alten Mann und das Meer“. Fortsetzung HIER.