Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Schinderei auf dem Hoppelberg bei Langenstein 06.03.20225 Da war sie wieder, die einfache Vorstellung von einer Wanderung: Schuhe anziehen, hinaus in die Natur und den Wegen folgen. Ziel ist der Gipfel, ein See oder nur ein Gasthaus. Ganz einfach. Nahe Langenstein ragt der Hoppelberg mit seinen 308 Metern verkieseltem Sandstein 140 Meter aus der umgebenden Landschaft. Immer wenn ich hinüber zum Harz fahre, fällt mir die Kuppe auf, nur oben war ich noch nie. Es lockten stets andere Gipfel, andere Wege und andere Verführungen. Doch heute musste ich es packen, den Hoppelberg zu erobern. Nach 10 Minuten Fahrt biege ich in den Hoppelbergweg ein. Oben, nahe der Siedlung, bleibt der Harzflitzer zurück. Nach wenigen Schritten finde ich mich in einem Hohlweg zwischen kantigen Felswänden wieder. Weiter oben lockt das Blau des Himmels und ein Kammweg. Ohne Rucksack mit Verpflegung welch eine Sünde - gehe ich heute locker und flockig dem Hoppelberg entgegen. Es sind ja nur ein paar hundert Meter bis zum Berg und dann noch auf den Gipfel. Das sollte kein Problem sein. Links und rechts strecken sich knorrige Bäume gen Himmel und daneben fällt der Hang schon wieder steil ab. Die Winde haben den Wald auf dem Kamm wild durcheinander gewirbelt. Anfang März fehlt zudem noch frisches Grün, das Farbe in die Natur bringen könnte. Als sich der Weg gabelt, weist ein Schild dorthin, wo man zwischen den vielen Bäumen den Gipfel ahnen könnte: weit oben, irgendwo. Ehe ich starte, überholt mich eine Familie. Den beiden Kindern schenke ich je einen meiner Harzsteine. Die Freude ist, doch der eigentliche Aufstieg liegt noch vor mir. Aus dem Weg ist nach nur wenigen Schritten ein Trampelpfad geworden. Der führt ohne Vorwarnung direkt in den Hang und steil hinauf ins Ungewisse. Meine Füße stolpern über knorrige Wurzeln, rutschen im Laub aus und tasten sich an Felsen und Steinen entlang. Nur keine Unachtsamkeit! Keine Minuten später hämmert mein Puls Alarm, meine Lunge schreit nach Sauerstoff und meine Augen suchen einen gangbaren Abschnitt für die nächsten zehn Schritte. Es ist eine mühsame Qual für einen Rentner, während die beiden Kinder (plus Eltern) mich leichtfüßig und lachend überholen, als wäre dies hier ein Spielplatz. Ich keuche, ich zittere und versuche, weitere nach oben zu gelangen, dem Hang die nächsten Schritte und Höhenmeter abzuringen. Die Realität hat mich eingeholt und bleibt bei der folgenden Schinderei, bis zum allerletzten Schritt über die letzte Kante, mein Begleiter. Als ich ganz oben endlich keuchend ankomme, bin ich platt wie eine Flunder – habe fertig, einen trockenen Mund, Durst – und keinen Rucksack! Es ist mir peinlich, aber ich frage die Familie, ob sie etwas Wasser für mich hätten. Ich darf meinen Durst stillen und bereue innerlich, meinen Rucksack (mit Wasser & Co.) zu Hause gelassen zu haben. Das war ein typischer Fall von Falscheinschätzung sowie irriger Vorstellung von einer „kleinen“ Wanderung, obwohl ich es besser wissen müsste! Dankbar nutze ich die Möglichkeit, etwas zu trinken. Erst danach erholt sich mein Kreislauf schnell wieder. DANKE Euch, ihr Lieben aus Memmingen mit Langensteiner Wurzeln. Hätte ich Euch nicht getroffen, wäre ich ziemlich schlecht dran gewesen. Es ist schön, wenn man auf so freundliche und so hilfsbereite Menschen trifft. Drei kleine Wandersteine von mir werden vielleicht die Erinnerung an den Rock-Rentner im Harz wach halten und in Memmingen einen schönen Platz finden. Erst jetzt kann ich den Blick in die Ebene und die Weite genießen. Uns zu Füßen breitet sich das nördliche Harzvorland aus. Im Vordergrund liegen Felder von Langenstein, dahinter Spiegelsberge mit dem Gläsernen Mönch. Die Dächer und Türme von Halberstadt sind gut zu erkennen und der Höhenzug des Huy zieht sich durch das Panorama. Dahinter geht der Blick bis zum Horizont, der im Nebeldunst verschwindet. Ich stehe hier auf den Felsgestein, das direkt vor mir steil abbricht und weit unten mir im Wald endet. Ein Platz, wie für Götter gemacht, aber diesen Platz muss man sich als Rentner, mit Schweiß und Kräfteschwund, sich schindend erkämpfen. Da hatte ich den „kleinen“ Hoppelberg ziemlich unterschätzt und der zeigte mir lächelnd seinen Stinkefinger: nie wieder ohne Trinkgefäß im Rucksack! Wir verbringen gemeinsam noch etwas Zeit, schießen Erinnerungsfotos, quasseln und genießen diesen Ort auf dem Gipfel vom Hoppelberg. Der Aussicht nach Süden zum Harz bleibt leider versperrt, die Baumwipfel ragen ins Blickfeld. Wenn man sich diesem Berg nähert, ahnt man noch nicht, wie anstrengend der schmale Pfad nach oben sein wird. Doch die Mühen und der Schweiß haben sich gelohnt. Rund 140 Meter über der umliegenden Landschaft zu stehen und bei herrlichem Wetter die grandiose Weitsicht zu genießen, ist ein besonderes Erlebnis. Als wir uns, wieder unten, verabschieden, bin ich sehr glücklich und froh, diese schöne Bekanntschaft gemacht zu haben. Ob mich der Gipfel des Hoppelberges noch einmal sehen wird – wer weiß das schon?